#patrOILsuisse vs. #patrouillesuisse: Ein Stunde Lärm für nur 114’000 Franken

Es mag durchaus sein, dass es “ausgehungerte Fan’s” gibt, wie “Commander” Nils “Jamie” Hämmerli im Interview mit Linth24 äussert. Es gibt aber ganz bestimmt eine grosse Mehrheit in der Schweizer Bevölkerung, welche auf die Patrouille Suisse herzlich gut verzichten könnten…

Die Jets am Himmel trainieren derzeit wieder regelmässig über unserem Gebiet – da lohnt sich nicht nur ein Blick hinter das Cockpit mit dem “Commander” sondern auch in die Tanks, die Kasse des VBS und hinter die Düsen dieser unüberhörbaren Kunstflugstaffel.

Nicht nur Flugmanöver sondern auch Zahlen machen schwindlig

Man muss wirklich dankbar sein, dass die Patrouille Suisse “nur” mit dem F5 Tiger fliegt. Eine Flugstunde pro Jet kostet 19’000 Franken, in einer F/A 18 würden in der gleichen Zeit 30’600 Franken sich in Luft bzw. Schadstoff auflösen. Diese Schadstoffe muss das VBS zusätzlich teuer kompensieren. Das sind ganz beachtliche Mengen: 6550kg CO2 pro Stunde beim F5 und satte 12200kg beim F/A 18 Hornet. Ein Auto stösst in der gleichen Zeit auf der Autobahn etwa 20 kg CO2 aus. Die Erklärung ist einfach: Die sechs Patrouille Suisse Helden verfliegen bei einer Stunde im Kreis rund 16’000 Liter Kerosin. Man könnte sie deshalb gut auch PatrOIL Suisse umtaufen. Entsprechend darf man das grosse Schweizer Kreuz auf dem Rumpf durchaus als fettes Plus interpretieren. Das dieses zudem so schräg aufgedruckt ist, scheint auch sinngemäss.

Grosses Theater mit leeren Rängen

Beinahe niemand kann von sich behaupten, dass er oder sie der PS keine Beachtung schenkt. Nur tun das viele nicht nur etwa aus Bewunderung, sondern auch aus ganz anderen Gründen: Angst, Schrecken, Unverständnis oder schlicht einfach darum, weil sie sich eine Stunde lang nicht mehr fokussiert auf den Unterricht oder ihre Arbeit konzentrieren können. Der Lärm ist ohrenbetäubend und der Körper reagiert darauf aus dem Notfallzentrum des Zentralnervensystems. Nur jene Zuschauer, die den ganzen Flug wirklich verfolgen, können diese Vorführungen geniessen. Alle anderen werden von ihren Sinnen bei einem plötzlichen Überflug übermannt. 

Wahrscheinlich gibt es mittlerweile mindestens gleich viele Menschen in der Schweiz, welche bei einem Überflug an ihre Kriegserlebnisse erinnert werden, wie es insgesamt wirkliche Fan’s der Kunstflugstaffel gibt. Was das Tierreich damit anfangen kann, ist am beeindruckendsten im Wald zu erleben: Es herrscht nach jedem Durchflug 20 Sekunden stille. Kein Vogelgezwitscher, kein rascheln, nichts. Tiere erstarren reflexartig. Patrouille Suisse ist wahrscheinlich die teuerste Chilbi der Schweiz – an welche kaum jemand freiwillig hingeht oder Eintritt zahlen möchte. 

Shows fliegen ist weder Luftpolizeitdienst noch Armeeaufgabe

Der Schreibende ist mit 42 Jahren noch immer aktiv in der Schweizer Armee und somit gänzlich vom Verdacht befreit, gegen die Schweizer Armee zu sein. Vielmehr muss man mit Blick auf das immer kleinere Armeebudget und die immer komplexeren Bedrohungslagen zunehmend haushälterisch mit nicht notwendigen Ausgaben umgehen. Jede Stunde die eine F5 am Himmel für irgendwelche Volksfeste oder Rüstungsevents trainiert, wird die schmale und arg strapazierte Staffel von 47 F5 Flugzeugen belastet. Gewiss brauchen Piloten auch Training, aber in gemeinsam zelebrierter Perfektion mit Rauch ein Herzchen an den Himmel zu malen, ist kaum bewährte Kampftaktik um ein Land zu verteidigen. Jede Minute Patrouille Suisse geht zu lasten der ernsthaften Verwendung von Kriegsgerät, Betriebsmitteln und Personal.

Piloten sind nicht mutig sondern die Bevölkerung

Vor 5 Jahren touchierten sich zwei F5 der Patrouille Suisse in Holland. Eine F5 explodierte an einem idyllischen See wenige Meter neben einem Haus, das andere konnte Notlanden. Das die Piloten dank Schleudersitz mit dem Schrecken davon kommen ist üblich. Es wird jedoch erstaunlich wenig darüber geschrieben, wieviel purer Zufall dazu führt, dass keine Opfer unter der  Bevölkerung zu beklagen sind.

Wie nahe Glück und Unglück sein kann, zeigte sich am 4. Juli 1996 in Schänis. Eine führerlose F5 sank plötzlich am Himmel steil ab. Einen Tag später erfuhr die ganze Schweiz, dass 80 Meter neben dem beliebten Spielplatz im Riet Schänis eine Frau und drei Kinder mit dem Schrecken davon kamen. Der Jet steckt noch immer im sogenannten “Tigerloch”. Dieses Unglück passierte jedoch bei einem Schulungsflug der Luftwaffe durch einen technischen Konstruktionsfehler. Dafür gibt es noch knapp Verständnis. Nicht aus zu denken, was passieren würde, wenn ausgerechnet beim Training in unnötigen Nahbereich über dicht besiedelten Linthgebiet einer der sogenannten Helden der Lüfte einen Fehler macht oder die Technik versagt. 

Nach Rammstein wurden gewisse Manöver verboten. Erst wenn dann mal zwei Flugzeuge kollidieren und auf ein Dorf abstürzen, wäre das wohl das Ende dieser heroischen Leichtsinns. Die Frage ist nicht ob, sondern wann. Und das das Ganze genau garnichts mit Luftverteidigung sondern nur mit PR zu tun hat, ist es absolut unsinnig, dafür den Ruf der Armee auf’s Spiel zu setzen. Das wissen auch viele Länder. Nicht mal Deutschland leistet sich diesen Irrsinn (Liste der Staffeln hier)

Das Risiko der PS  tragen nicht die Piloten mit Schleudersitz, sondern die Bevölkerung und alle Armeeangehörigen; beim genaueren Hinsehen für nichts anderes als die blanke Selbstbestätigung von ewiggestrigen kalten Kriegern und der Rüstungslobby. 

Eigengoal statt Werbung für eine moderne Schweizer Armee

Die Schweizer Armee erweist sich mit dieser Kunstflugstaffel einen mehrfachen Bärendienst: Logistisch und finanziell kann man sich die Verwendung von hochwertigen Kampfgerät und Betriebsmitteln zum reinen Spass nicht leisten. Ein Unfall mit Opfern unter der Zivilbevölkerung brächte schwerwiegende Imageverluste. Die Flugzeuge wurden ausschliesslich für Verteidigungszwecke angeschafft und sind nun für Chilbis und einen Fankult im Einsatz. Das wusste auch der Bundesrat vor der Abstimmung um Kampfjets. Die PS blieb mehrere Monate am Boden um ja nicht der Armee-Gegnerschaft weiteren Zulauf zu bescheren. Kaum war die Abstimmung vorbei, verflog man munter weiter Kerosin…

Die Zeiten haben geändert

Wir leben nicht mehr im 1984. Damals wurden übrigens die letzten F5 Tiger der Luftwaffe angeschafft. Es sind immer noch die gleichen Jets. Zeitgleich stürmte Nena die Charts mit der Songzeile: “99 Düsenjäger, jeder war ein grosser Krieger – hielten sich für Captain Kirk- dann gab’s ein grosses Feuerwerk”. Der aktuelle “Commander Jamie” täte gut daran, sich wieder gut schweizerisch und wohlverdient Oberstleutnant Hämmerli zu nennen und seine “Team” mit “Jaydee, Bigfoot und Mac” wieder Hauptmann Nannini, Schär und Meier. 

Die Piloten leisten durchaus herausragendes in ihrer Passion und haben Fähigkeit die auch die Armee nutzen kann. Sie haben sich der PS mit Leib und Seele verschrieben – aber leider verschwenden sie mit ihrem Eifer auch Geld und Benefit für eine äusserst wichtige Organisation “Armee” die wir hoffentlich weiterhin selten bis nie brachen. Ebenso sollte Herr Hämmerli seine Interviewaussagen reflektieren, wenn er mit einer Regionalzeitung spricht. Sätze wie “Sie (die Fans) kommen und wollen uns sehen. Sie sind regelrecht ausgehungert”. Hochmut kommt nicht selten vor dem Fall. Ich möchte das nicht erleben und gönne das keinem seiner Hochleistungsathleten im uralten aber bisweilen unersetzbarem Kampfgerät. 

Senden wir  ein Zeichen an die Luftwaffe und die Armee

Wenn es die Armee selber nicht schafft, diese nostalgischen Zirkus und Zweckentfremdung von Kampfgerät zu beenden, muss die Zivilbevölkerung nachhelfen. Schreiben sie sich auf der folgenden Website ein: https://bit.ly/3oNHwE8

Mit ihren Kontaktkoordinaten können sie bei Aktionen angeschrieben werden. z.B. wenn unsere Region einen offenen Brief an die Schweizer Armee absendet, könnten sie diesen ebenfalls elektronisch mitunterzeichnen. Die Daten werden ausschliesslich für das Thema Patrouille Suisse verwendet. Über jede Aktion werden sie vorab informiert und können selber entscheiden, ob sie dabei das Anliegen unterstützen oder in irgendeiner Form mitwirken wollen. Der Adressstamm dient als Basis für die Vernetzung. Einen Patrouille Suisse Fanclub gibt es schon. Es braucht endlich mal ein Gegengewicht.

QR Code zum Adressformular: 

https://bit.ly/3oNHwE8

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