Untertitel: Wie die Eschenbacher Bauwirtschaft Rendite auf Kosten der Kinder bolzt. Heute mal nur die fünf Tips, die sich bereits bewährt haben – inklusive schöne Bilder aus der Praxis.
Der zweite Beitrag dreht sich dann um den allerneusten Trick: 2 bis 3-stöckige Spielplätze. Verteilt auf Balkonen, in Gemüsebeeten, Wintergärten usw. Der Kreativität der Planer sind keine Grenzen gesetzt. Im ersten Teil der Spielplätzeserie gehts aber mal darum, wie man als Bauherr mit Spielplätzen umgehen kann.
Woher diese Kreativität kommt…
Per Art. 71 Planungs und Baugesetz (PBG) und Art. 14 Baureglement gilt für Überbauungen mit 6 Wohnungen nunmal die Pflicht, “Spiel- und Begegnungsflächen” zu schaffen.

Das ist ein Problem wenn sie reich werden bzw. vorallem reich bleiben wollen: Ein Spiel- und Begegnungsbereich bedingt Freiflächen und damit weniger Rendite. Zudem bedingt das auch Haftungsrisiken und Unterhalt. Zum Glück hat aber die Gemeinde offensichtlich nur Wachstum und Steuereinnahmen im Kopf. Drum ist die Behörde im Vollzug Sachen Spielplatz nahezu blind und sehr, sehr träge. Ihr Glück. Den Balgen ihr Pech.
Die Spielvarianten sind nun folgende:
TIP 1: Man baut die Spielplätze einfach nie
Dazu braucht es nur eine Gemeindebehörde, die Wohnungen vor der Erstellung des Spielplatzes abnimmt. Ist ein Spielplatz bei Abnahme nicht da, kümmert sich die Behörde kaum mehr darum. Z.b. Sondernutzungsplan Twirren:



Falls mal ein Mieter motzt, klärt man ihn auf. Die Bauherrschaft ihrerseits muss dann so dreist sein und klärt nach dem Verkauf der Wohnungen die frisch gebackenen Stockwerkeigentümer auf, dass man versuchen sollte, dass die Gemeinde diese Spielplätze bauen soll. Mindestens die Werkeigentümerhaftung und den Unterhalt solle die Gemeinde übernehmen hätte. Man sei an Verhandlungen, aber die Behörde sei uneinsichtig. (Siehe Trick 4, weiter unten) man müsse bedenken, dass man sich und allen Stockwerkeigentümern zu viel Kosten auflade und vorallem auch die Verantwortung. Kaum eingezogen, wird man schon gegeneinander ausgespielt. Die Stockwerkeigentümer schweigen in der Twirren seit Jahren. Zum Glück wohnen auch genug ehemalige und aktive Vorstände des Baukonsortiums in der Überbauung, welche ihr Wissen gerne teilen.
Beispiel 2: Ebnet – die Überbauung beim Gemeindehaus

Als bestes Beispiel dafür, dass die Baubehörde in Sachen Spielplatz blind und taub ist, gilt das Zentrum Ebnet. Also jene Überbauung, in welcher die Gemeinde selber über CHF 200’000 Miete /Jahr zahlt. 12 Jahre lang ist niemandem aufgefallen, dass der Spielplatz garnie erstellt wurde. Die Mieter wussten nicht einmal, dass sie die Wiese hinter der LKW Zufahrtsrampe der Migros nutzen dürften. Irgendwann stellte der Metzger dort ein Lager für Gasflaschen auf. Mit viel Druck (2015- 2017 4 Email, 3 Besuche) gab man dann vier Wochen vor der Gemeindeversammlung auf und wies den Vermieter an, einen Spielplatz zu erstellen. Selbstverständlich ist das Gasflaschenlager noch immer dort – Kinder grillen ja gerne.

TIP 2. Man drückt die Anzahl Wohnungen unter SECHS
Wenn man ein Neubauprojekt mit nur 5 Wohneinheiten baut, muss man keine Spielplätze erstellen. Aktuell lag z.b. ein Bauprojekt auf, welches plötzlich nur mit 5 EFH bezeichnet wird – der Publikationstitel heisst aber “4 EFH und ein Doppel EFH”. Was man dann hinter der Fassade baut, schaut man später – nach der Baubewilligung. Zu diesem Projekt gibt es jedoch einen separaten Beitrag: http://ivo.sg/?p=1676
Eine Spielvariante: Man teilt ein Bauprojekt einfach auf mehrere Projekte auf und macht auch erst nachträglich Wohnungen aus dem unterstem Stockwerk. Es könnte genauso gut nur ein Bauprojekt sein z.b braucht man nur einen Baukran und nur eine Baustelleninstallation. Ebenso müsste sich die Baubehörde verwundern, wenn sie bei der Abnahme im vermeintlichen Keller vier Panoramafenster und vorbereitete Sanitärinstallationen abnimmt, aber selbstverständlich drückt man ein Auge zu. Wäre es ein Projekt gewesen, wären es 7 Wohnungen. So ist es jedoch legal – mal abgesehen davon, dass die Mieter schon eingezogen sind, bevor die Bauanzeige für die nachträglich erstellten Wohnungen auflagen. Auch das ist jedoch dem Bauherr nur halbwegs zu verübeln; es sind die Behörden bzw. die Organisation der Baupolizei welche wegschaute. Würde ich regelmässig mit diesen Behörden bauen, würde ich die vielleicht auch nicht mehr allzu fürchten.

TIP 3: Man erstellt einen Fake-Spielplatz
Dazu braucht es ebenso nur eine blinde Abnahmebehörde, irgendeine Ecke nicht verwertbares Land, eine lieblose und dreiste Planung – fertig ist der Kinderzwinger am Strassenrand. Eigentlich fehlen da weit über 100m2 aber es passiert meist nix- man hat ja ein bisschen guten Willen gezeigt.
Beispiel Bürgstrasse:

2. Beispiel, Überbauung Binzen Nordwest:


Man nehme ein steiles unüberbaubares Wiesenbord, eine ca. 4m hohe Garageneinfahrt auf der einen Seite und auf den beiden anderen eine Strasse. Eine davon so steil, dass kein Auto halten könnte, wenn plötzlich ein Kind von unten auf die Strasse krabbeln würde. Im Überbauungsplan sieht das aber perfekt aus. Dort ist ja auch alles flach / eindimensional.
Der Witz: Ganz oben am nächsten Bild vom Sondernutzungsplan ist noch ganz viel flache Freifläche nicht eingezont. Dort ist theoretisch garnix. Die Flugaufnahme zeigt jedoch die private Gartenanlage des Bauherren. D.h. die Bauherrschaft konnte LEIDER keinen attraktiven Spielplatz bauen, aber wenigstens reichte das Budget grad noch für ein Privatpärkli mit Schwimmteich.
Wie man das bei der Abnahme bzw. in den letzten 19 Jahren nicht sehen konnte, bleibt mir ein Rätsel. Da scheint noch garnichts eingezont. d.h. bei der kommenden Ortsplanungsrevision müssen wir möglicherweise 837m2 Bauland einzonen, um nachträglich einen Swimmingpool und ein paar Stauden zu heilen. Das wird wiederum andere ärgern: D.h. wir könnten weniger Bauland in der Twirren einzonen, wenn das wirklich zutrifft.



Beispiel 3: Überbauung bei der alten Gärtnerei
Zwar optische sehr gelungen aber elegant verschleiert: Im Sondernutzungsplan schreibt man von zusammenhängenden Grünflächen und Erstellung vor Bezug:


Beispiel 4: Rütistrasse / Binzenstrasse 1

Beispiel 5: Rössli
Die PK der Gemeinde musste dringend ein neues Filetstück bauen. Da blieb nicht viel Platz für einen Spielplatz. Die 10% der Geschossfläche sind das nie und nimmer!
Tip vom Gärtner: Meiden sie sonnige Spielplätze zu planen. Moos muss man nicht mähen.

TIP 4: Baue auf der Nachbars-Parzelle – merkt keiner!
Sie haben ein besonderes Problem: Sie wollen ein Restaurant bis auf den letzten Meter der Parzelle überbauen, haben aber keinen Platz für die lästigen Balgen aus der Renditezone zu bringen. Geheimtip: Landwirtschaftsland okkupieren und Waldabstandsgrenze belächeln – fertig ist der lauschige Spielplatz an der Tobelkante.
Beispiel: Waldegg. Seit 2005 gebaut- beinahe das ganze Restaurant wurde ohne Bewilligung erstellt. Da kann man die Lounge und den Spielplatz auch gleich outsourcen:

Das ist doch mal eine super landwirtschaftliche Nutzfläche. Win-Win. Der Bauer kassiert vielleicht sogar noch Beiträge und sie haben Ruhe im Restaurant.

TIP 5: ABSCHIEBEN – Profite privatisieren, Kosten sozialisieren, Werkeigentümerhaftung loswerden
Das ist die Königsdisziplin. Die eleganteste Lösung überhaupt: Man spielt sich als Mäzen auf und ist alle Sorgen für wenig Geld los. Man baut keinen Spielplatz, stattdessen kauft man sich auf einen öffentlichen Spielplatz ein. Vorteil für den Bauherrn: Man kann sich als grosszügiger Sponsor eines öffentlichen Spielplatzes aufführen, der aber mehr oder minder ein grossartiges Geschäft ist.
Keine Haftung, einen Bruchteil des Unterhalts, Ruhe in der eigenen Überbauung. Dadurch attraktivere Wohnungen und zufriedene Mieterschaft. Die Gemeindearbeiter*innen schauen täglich nach dem Rechten.
Vorteil der Gemeinde: Der Spielplatz wurde viele Jahre quersubventioniert. Das spart Steuergeld. Machen will man trotzdem nur das Nötigste. Seit 2017 sind dort Fallschutzplatten, aber keine Bäume. Die Folge: Im Sommer 2021 hab ich den Rekord 54°C gemessen- man verbrennt sich die Füsse und Hände. Seit 2014 sende ich regelmässig dieses Bild in’s Gemeindehaus, stellte Begehren für Bäume an der Gemeindeversammlung. Der Rat vom GP: “Ich ging mit meinen Kids immer in den Wald…”

Der nächste Beitrag dreht sich dann um den allerneusten Trick: 2 bis 3-stöckige Spielplätze. Verteilt auf Balkonen, in Gemüsebeeten, Wintergärten usw. Der Kreativität der Planer sind keine Grenzen gesetzt. Seien Sie gespannt….
Ivo Kuster, satirischer Vermögensberater
Wie schön, gibt es Menschen, wie dich, die genau hinschauen und die Dinge, die falsch laufen ansprechen und dafür einstehen! Es läuft so Vieles in unserer Gesellschaft nicht richtig…
Auch wenn ich die Gegebenheiten, die du beschreibst, selbst nicht kenne, war der Beitrag super amüsant! Ich freu mich schon auf den Beitrag zum nächsten Trick! 🙂
Hätte gerne MitbewerberInnen:-)