Stadtpräsident Stöckling’s Versprechen bröckeln bereits

Wer die Kantonsratverhandlung letzten Mittwoch aufmerksam verfolgte, rieb sich die Augen. Nur zehn Tage nach der Abstimmung über das Stadttunnel stimmt Stadtpräsident Stöckling im Kantonsrat gegen die Einführung von Tempo 30 auf Strassen 1. Klasse. Seit heute sind die Wortbeiträge aus dem Kantonsrat online.

Das Problem dabei: Das umfassende und teure Mobilitätskonzept der Stadt Rapperswil Jona umfasst diverse sogenannte «Ohnehin Massnahmen» und «Flankierende Massnahmen», welche nur durch die Prüfung von Tempo 30 an verschiedenen Stellen umsetzbar sind.

Auszug aus dem Gesamt Verkehr Konzept Rapperswil Jona – ohne Tempo 30 geht da garnix:

Versprechen mit 10 Tagen Haltbarkeit

Noch am Abstimmungstag stellte die Linthzeitung an Stöckling ein paar Fragen, wie es den nun nach dem deutlichen Ja weiterginge. Schliesslich versprach er ja bereits im Abstimmungskampf, dass es ein Ja zum Tunnel brauche, damit man endlich das GVK umsetzen könne (Bildquelle: Linthzeitung vom 11. September)

Ideologie und Karriere höher gewichtet

Das Abstimmungsverhalten von Stadtpräsident Stöckling im Kantonsrat gegen Tempo 30 zeigt die verbliebene «Freiheit» welche man als Angehöriger der Freisinns heute noch hat: Um sich seine politische Zukunft nicht zu verbauen, stimmt man selbst Gesetzen zu, welche gegen Bundesrecht verstossen, der Gestaltungsfreiheit der Gemeinden widerspricht und zudem verkehrstechnischer Unfug sind. Dank der gewonnen Tunnelabstimmung ist der Stuhl vom Stapi zwar wieder ein wenig stabiler geworden, jedoch ist ein “persönlicher Plan B von Stöck” angesichts verschiedener Baustellen gewiss nachvollziehbar. Entsprechend könnte man das Nein zu Tempo 30 auch als Bewerbungsschreiben für eine Karriere anderswo zu verstehen. Die Abstimmung findet man hier: https://www.ratsinfo.sg.ch/abstimmungen/6664

Mobilitätskonzept wird Monsteraufgabe

Das Dossier Gesamtverkehrskonzept von Rapperswil Jona kommt ohnehin der berühmten Quadratur des Kreises recht nahe. Der Tunnel ist ein wichtiges Herzstück, jedoch auf der Achse Ost-West steht man beinahe wieder vor einer Avenida-Neuauflage. Die Hausaufgaben werden dem Bauchef sehr viel mehr Arbeit bescheren, als das Tunnel welches bekanntlich der Kanton planen und vielleicht auch irgendwann bauen wird. 

Mit dem “Tempo-30 Verbot ” des Kantonsrats ist fraglich wie man mit der rein ideologischen Haltung die Verkehrswende in Rapperswil Jona vorantreiben will. Dem Stapi musste wohl bewusst sein, dass er mit seinem Nein zum Tempo 30 seinen eigenen Bauchef ausbremst und sich im voraus Lösungsansätze der aufwändigen und teuer ausgearbeiteten Mobilitätszukunft verbaut. 

Die Motion «Kein Tempo 30 auf Verkehrsorientierten Strassen» der SVP, FDP und CVP Fraktion (original Wortlaut https://www.ratsinfo.sg.ch/media/documents/published/dcb4ea5d-82cf-4a50-851c-2bc8615f92a9.pdf) macht kein Sinn, wenn man die folgenden Karten mit den Kantonsstrassen (hellblau) und 1. Klassstrassen (rot) betrachtet:

(Quelle: https://www.geoportal.ch/ktsg/map/111?y=2704979.85&x=1231472.51&scale=5000&rotation=0

Nur Stapi schert aus – die GP’s der Region stimmen für T30

Die anderen GP’s der Region im Kantonsrat (Cornel Aerne – Eschenbach-CVP,  Heidi Romer -Benken-CVP,  Peter Hüppi – Gommiswald-SP) und auch die Stadträtin Tanja Zschokke (Rapperswil-Jona, Grüne) bekannten sich klar dafür dass Tempo 30 als eine der Optionen für kostengünstige Lösungen möglich bleibt. https://www.ratsinfo.sg.ch/abstimmungen/6664

Lärmsanierungen als Kostentreiber

KR und Stapi von Lichtensteig Müller warnte im Rat vor den immensen Kostensteigerungen und weiteren Problemen welche mit einem T30 Verbot einhergehen: https://www.ratsinfo.sg.ch/media/statements/audio/audio_0aXUExS.mp3

Mittlerweile ist jedem bekannt, dass man sich nur mit der Einführung von Tempo 30 andere weit teurere Massnahmen sparen kann, wenn man die gesetzlich geforderten Lärmsanierungen auf einer verkehrsorientierten Strassen umsetzen muss. Zudem können lärmarme Beläge in Kreuzungsbereichen oder steilen Strassen technisch nicht realisiert werden und müssen doppelt so oft saniert werden. Zum anderen wirft man sich selber Steine in den Weg, wenn man sich künftig Tempo 30 als Lenkungsmassnahmen verbietet.  Die sehr mühsame und deshalb kaum nachvollziehbare Tempo 30 Strecke in Neuhaus entstand genau darum, weil eine echte Lösung in die Millionen gehen würde und man in Neuhaus nichts mehr bauen könnte, wenn nicht T30 eingeführt worden wäre.

Die Antwort der Regierungsrätin Susannen Hartmann ist hierzu wirklich gelungen: https://www.ratsinfo.sg.ch/media/statements/audio/audio_STh5U3C.mp3

Fazit: JA- T30 kann vielleicht am einen oder anderen Ort für Autolenker*innen und mühsam sein – jedoch unumgänglich, wenn wir nicht Kulturland zupflastern wollen, Dorfkerne und Städte bewohnbar bleiben und gleichzeitig verdichtet werden sollen. Zudem: Ein lärmarmer Belag muss alle 5-10 Jahre ersetzt werden – ein herkömmlicher alle 25-35 Jahre. Wer rechnen kann, kommt schnell auf die Analyse, dass FDP und SVP ziemlich verlogen mit dem Thema “ausufernde Kostensteigerungen” umgehen und unvernünftig mit “Steuergeld um sich werfen” möchten.

(Dies ist die ungekürzte Version meiner Eingabe bei Linth24.ch)

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